11.11.2019
Der Pflegegrad einer Person wird durch verschiedene Module beurteilt. Wir erklären sie alle nach und nach. Im zweiten der sechs Module zählen die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten der Person.
Zu den kognitiven Funktionen gehören zum Beispiel das Erkennen, Orientieren und Entscheiden. Bei den kommunikativen Fähigkeiten wird das Hör-, Sprech- und Sprachvermögen untersucht. Motorische Einschränkungen spielen hierbei keine Rolle. Sie werden im ersten Modul „Mobilität“ begutachtet.
Wie auch im ersten Modul, gibt es bei der Beurteilung vier Abstufungen:
- Wenn die Fähigkeit (fast) vollständig vorhanden ist, bekommt die Person 0 Punkte (unbeeinträchtigt)
- Wenn leichte Einschränkungen in der Fähigkeit (gerade bei komplexeren Anforderungen) festgestellt werden, bekommt die Person 1 Punkt (größtenteils vorhanden)
- Wenn starke Beeinträchtigungen festgestellt werden, die Fähigkeit aber noch vorhanden ist, bekommt man 2 Punkte (in geringem Maße vorhanden)
- Wenn die Fähigkeit nicht mehr, oder kaum vorhanden ist, bekommt man 3 Punkte (nicht vorhanden)
Wir setzen unser Beispiel fort und besprechen die einzelnen Kriterien auch anhand von Frau Müller aus dem ersten Artikel zum Thema: Pflegegradkriterium Mobilität.
Kognitive Funktion 1: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld.
Bei der Aufgabe „Personen erkennen aus dem näheren Umfeld“ geht es darum, ob und wie gut die Person vertraute Menschen wiedererkennt. Dazu zählen Menschen, mit denen die Person regelmäßig direkten Kontakt hat. Das können Familienmitglieder sein, aber auch Nachbarn oder Pflegekräfte, die täglich oder regelmäßig zu Besuch kommen.
- Wer andere Personen aus dem näheren Umfeld schnell und ohne Probleme erkennt, hat hier keine Einschränkungen.
- Wenn erst ein Gespräch geführt werden muss, die andere Person dann aber erkannt wird, ist die Fähigkeit zur Erkennung noch größtenteils vorhanden.
- Nur in geringem Maße ist die Fähigkeit vorhanden, wenn Personen aus dem nahen Umfeld nur selten erkannt werden oder das Erkennen von Tag zu Tag unterschiedlich gut funktioniert.
- Wenn auch die engsten Familienmitglieder nicht mehr erkannt werden, gilt die Fähigkeit als nicht mehr vorhanden.
Beispiel: Frau Müller sieht ihren Enkel jeden Tag, weil er sie besucht und ja nebenan wohnt. Auch die drei Frauen vom Pflegedienst kennt sie – um ihre Namen zu erinnern, muss sie sich aber länger mit ihnen unterhalten. Frau Müller hat keine Schwierigkeiten bei Familienangehörigen, die sie schon lange kennt. Aber Menschen, die sie erst seit ein paar Jahren regelmäßig sieht, bereiten ihr Schwierigkeiten. Ein Gutachter würde sagen, dass die Fähigkeit zur Erkennung noch größtenteils vorhanden ist.
Kognitive Funktion 2: Örtliche Orientierung
Bei der „örtlichen Orientierung“ geht es darum, ob die Person sich noch in ihrer Umgebung zurechtfinden kann. Dabei sollte die Person wissen, wo sie sich befindet und wie sie auch zu anderen gewohnten Orten gelangen könnte.
- Auf Nachfrage kann die Person sagen in welcher Stadt sie wohnt, den Straßennamen benennen und auch sagen, in welchem Stockwerk sie sich befindet. Sowohl in der eigenen Wohnung als auch in der näheren Umgebung findet sie sich ohne fremde Hilfe zurecht. Die Orientierungsfähigkeit ist vorhanden.
- Die räumliche Orientierungsfähigkeit ist größtenteils vorhanden, wenn die Person sich in der eigenen Wohnung ohne Hilfe zurechtfinden kann, allerdings Probleme in anderen Umgebungen auftreten oder jemand den Weg nach Hause nicht selbstständig finden kann.
- Treten Orientierungsprobleme auch in den eigenen vier Wänden auf, ist die Fähigkeit nur noch in geringem Maße vorhanden.
- Wer Hilfe von anderen Personen bei der Orientierung in der eigenen Wohnung benötigt, verfügt nicht mehr über die Fähigkeit, sich räumlich zu orientieren.
Beispiel: Auf die Fragen des Gutachters nach ihrem Wohnort und dem Straßennamen ihrer Wohnung kann Frau Müller problemlos antworten. Als der Gutachter wissen möchte, wie Frau Müller sich außerhalb der Wohnung zurechtfindet, berichtet sie, dass das kein Problem sei.
Sie verlässt die Wohnung zwar wegen ihrer Beweglichkeit nicht mehr alleine (sieht Kriterium 1), aber sagt, dass sie den Weg auch allein zurück finden könnte.
Auf Nachfrage erzähl sie, dass sie sich im Supermarkt zwar mal verläuft, aber ihr Enkel sie immer wieder findet. Sie ist froh, dass er sie auf dem Rückweg begleitet. Durch sie ständigen Bauarbeiten in der Nachbarschaft wisse sie nie so genau, wo sie gerade sei.
Der Gutachter vermerkt, dass die Fähigkeit zur räumlichen Orientierung bei Frau Müller noch größtenteils vorhanden ist.
Kognitive Funktion 3: Zeitliche Orientierung
Neben der örtlichen Orientierung ist auch wichtig zu überprüfen, ob die Person Probleme hat, korrekte zeitliche Angaben zu machen. Dabei werden Fragen zur aktuellen Jahreszeit, dem Jahr, Wochentag und der Uhrzeit gestellt. Auch das eigene Leben zeitlich sinnvoll wiedergeben zu können, spielt bei der Beurteilung der zeitlichen Orientierung eine wichtige Rolle.
- Die Fähigkeit ist vollständig vorhanden, wenn keinerlei Probleme bei der Beantwortung der Fragen auftreten.
- Bei Personen, die die meiste Zeit ohne Hilfe auch zeitlich orientiert sind und nur gelegentlich andere Hilfsmittel benötigen, ist die Fähigkeit zur zeitlichen Orientierung noch größtenteils vorhanden. Ein Blick auf die Uhr oder auf den Kalender wird jedoch zwischenzeitlich benötigt, um richtige Angaben zu Uhr- oder Jahreszeit machen zu können.
- Als in geringem Maße vorhanden gilt die Fähigkeit, wenn die Personen nur noch in Ansätzen zeigt, dass sie sich zeitlich orientieren kann. Auch mit Hilfsmitteln ist es der Person nicht möglich die richtige Tageszeit zu bestimmen.
- Wenn auch routinierte zeitliche Abläufe nicht mehr verstanden werden, liegt die Fähigkeit nicht mehr vor.
Beispiel: Der Gutachter fragt Frau Müller , ob sie ihm die aktuelle Tageszeit nennen können. Frau Müller schaut sich in ihrer Wohnung um. Frau Müller sieht die Uhr, die 14 Uhr anzeigt, schaut dann aber weiter durch das Zimmer, bis sie ihren Frühstücksteller, der noch vom Morgen auf der Anrichte steht, erkennt. Es sei kurz nach 9, sie habe gerade ein zweites Mal gefrühstückt. Der Gutachter vermerkt, dass die zeitliche Orientierung von Frau Müller in geringem Maße vorhanden ist.
Kognitive Funktion 4: Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen
Bei diesem Kriterium geht es um das Erinnerungsvermögen der Person. Es soll überprüft werden, ob kurz zurückliegende Ereignisse, wie das morgendliche Frühstück, erinnert werden können. Zur Beurteilung des Langzeitgedächtnisses werden Fragen zum Lebensverlauf der Person gestellt.
- Die Person kann ohne Probleme zu verstehen geben, dass sie sich an kurz zurückliegende Erlebnisse erinnert. Die Fähigkeit zur Erinnerung ist vorhanden.
- Ein Ereignis, dass erst vor kurzem stattgefunden hat, wird mit einigen Schwierigkeiten erinnert. Erlebnisse aus dem eigenen Leben, die schon länger zurückliegen, können fast ohne Probleme wiedergegeben werden. Die Fähigkeit zur Erinnerung ist noch größtenteils vorhanden.
- Vor allem die kurz zurückliegenden Ereignisse können häufig nicht erinnert werden. Rückfragen zu wichtigen Lebensereignissen können allerdings noch berichtet werden. Man spricht davon, dass die Erinnerungsfähigkeit nur in geringem Maße vorhanden ist.
- Nur noch gelegentlich kann sich die Person an Ereignisse oder andere Personen erinnern, unabhängig davon, wie lang sie zurückliegen.
Beispiel: Frau Müller kann sich an ihre Tagesabläufe erinnern, sowohl alltagstypische als auch untypische Ereignisse behält sie im Kopf. Sie ist von der vorherigen Frage zur Uhrzeit verwirrt – sie erinnert sich ans Mittagessen, glaubt aber, es sei Morgen. Rückfragen zu ihrer Lebensgeschichte kann sie allerdings lückenlos beantworten. Frau Müllers Fähigkeit, sich an wesentliche Ereignisse zu erinnern, wäre dem Gutachter nach noch „größtenteils vorhanden“.
Kognitive Funktion 5: Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen
In diesem Modul soll überprüft werden, ob die Person eine Abfolge von Teilschritten zielgerichtet ausführen kann. Dazu zählt zum Beispiel das Anziehen von Kleidungsstücken in der richtigen Reihenfolge, oder das Putzen der Zähne.
- Die Person kann ohne Anweisungen verschiedene Handlungen durchführen, auch wenn dafür verschiedene Teilschritte notwendig sind. Die Fähigkeit gilt als vorhanden.
- An manche Teilschritte muss die Person erinnert werden, kann die Handlung dann aber bis zum Ende erfolgreich ausführen. Die Fähigkeit ist größtenteils vorhanden.
- Als in geringem Maße vorhanden gilt die Fähigkeit, wenn die Reihenfolge der Teilschritte regelmäßig verwechselt wird und eine kleinschrittige Hilfestellung notwendig ist.
- Beginnt die Person nicht mehr mit der Ausführung von komplexeren Alltagshandlungen, gibt schnell auf und kann auch mit Hilfe die Teilschritte nicht ausführen, ist die Fähigkeit zum Steuern von mehrschrittigen Arbeitshandlungen nicht vorhanden.
Beispiel: Frau Müller kann zwar allein nicht sicher stehen, aber wenn die Pflegekraft ihr beim Ankleiden hilft, weiß sie selbstständig, was als nächstes kommt. Der Gutachter bittet sie, ihm die Schritte zum Kaffeekochen aufzulisten. Frau Müller kommt immer wieder durcheinander: Sie vergisst den Kaffeefilter, dann das Pulver. Mit jedem Fehler wird sie unsicherer. Der Gutachter nimmt daher an, dass sie eher aus Nervosität Fehler macht und die Fähigkeit größtenteils vorhanden ist.
Kognitive Funktion 6: Treffen von Entscheidungen im Alltag
In diesem Modul wird überprüft, ob eine Person in der Lage ist geeignete Entscheidungen zu treffen, um ein Ziel zu erreichen, ihre Bedürfnisse zu erfüllen oder sich zu schützen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie im Winter warme Kleidung und kein Sommerkleid wählt oder das sie fremde Personen an der Haustür abwimmelt und nicht in ihre Wohnung bittet.
- Auch in unbekannten Situationen werden die richtigen Entscheidungen getroffen. Die Fähigkeit ist vorhanden.
- Neue Situationen erfordern die Beratung von anderen Personen. In zuvor besprochenen oder alltäglichen Situationen wird aber eine schlüssige, selbstständige Entscheidung getroffen. Die Fähigkeit gilt als größtenteils vorhanden.
- Trifft die Personen Entscheidungen, die nicht zum gewünschten Ziel passen oder ist sie abhängig von der Unterstützung anderer, um eine Entscheidung zu treffen oder Handlungsalternativen zu erkennen, ist die Fähigkeit nur in geringem Maße vorhanden.
- Die Fähigkeit ist nicht vorhanden, wenn Entscheidungen auch mit Hilfe von anderen Personen nicht getroffen werden können. Werden verschiedene Entscheidungsalternativen vorgeschlagen, zeigt die Person keine Reaktion.
Beispiel: Alltagsentscheidungen kann Frau Müller sinnvoll treffen. Sie wählt morgens zum Wetter passende Kleidung aus und plant ihren Einkauf sinnvoll. Manchmal liegt im Briefkasten aber beispielsweise eine Benachrichtigung, dass sie an einem Glücksspiel teilgenommen und gewonnen habe. Der Brief dabei behauptet, sie müsse nur ihre Kontodaten mitteilen, um den Preis zu erhalten. In einem Telefonat berichtet sie ihrer Tochter davon, unsicher was sie tun soll. Nach dem Gespräch versteht Frau Müller, dass es sich um eine Betrugsmasche handelt und entscheidet sich, die Post in den Müll zu werfen und nicht darauf zu reagieren. Die Fähigkeit zum Treffen von Alltagsentscheidungen kann als „größtenteils vorhanden“ eingestuft werden.
Kognitive Funktionen 7: Verstehen von Sachverhalten und Informationen
- Hierbei geht es darum, ob die Person Situationen inhaltlich einordnen kann. Weiß sie beispielsweise wo sie sich befindet undwer die anderen Personen um sie herum sind? Kann sie Informationen aus Gesprächen oder Nachrichten verstehen? Die Person kann Informationen aus Nachrichten und Gesprächen nachvollziehen und wiedergeben. Die Fähigkeit zum Verstehen von Sachverhalten ist vorhanden.
- Einfache Informationen werden verstanden, bei komplexeren Sachverhalten hat die Person Schwierigkeiten. Die Fähigkeit gilt als größtenteils vorhanden.
- Nur in geringem Maße vorhanden ist die Fähigkeit, wenn die Person mehrere Erklärungsanläufe benötigt, um auch einfache Informationen zu verstehen. Auch die Tagesform kann einen erheblichen Einfluss auf das Verständnis haben.
- Ob die Person Sachverhalte begreift ist nicht mehr zu erkennen, sie gibt keine Rückmeldung an ihr Umfeld. Die Fähigkeit ist nicht mehr vorhanden.
Beispiel: In dem Gespräch mit dem Gutachter fragt dieser, ob Frau Müller den Anlass seines Besuchs kenne. Ohne Probleme kann sie die Frage beantworten und bringt auch die Nachrichten über die Pflegedebatte mit in das Gespräch ein. Ihre Informationen sind nicht so aktuell wie die ihres Enkels, aber passen zum Gespräch. Die Fähigkeit Informationen und Sachverhalte zu verstehen, ist bei Frau Müller gegeben.
Kognitive Funktion 8: Erkennen von Risiken und Gefahren
Die letzte kognitive Fähigkeit, die getestet wird, beschreibt das Erkennen von Risiken und Gefahren. Ist die Person in der Lage Gefahrenquellen zu erkennen, wie eine gerade benutzte Herdplatte oder Unebenheiten im Fußboden oder auf der Straße?
- Vorhanden ist die Fähigkeit, wenn die Person Risiken ohne Probleme identifizieren kann.
- Werden Gefahren außerhalb der eigenen Wohnung unterschätzt oder nicht erkannt, gilt die Fähigkeit als nur größtenteils vorhanden.
- Nur in geringem Maße ist die Fähigkeit gegeben, wenn auch innerhalb der eigenen vier Wände Gefahrenquellen oft nicht mehr erkannt werden.
- Risiken und Gefahren werden von der Person nicht mehr erkannt. Man sagt, die Fähigkeit sei nicht vorhanden.
Beispiel: Der Gutachter stellt fest, dass Frau Müller ein Pflaster um ihren Daumen trägt, auch die angebrannte Rührschüssel fällt ihm ins Auge. Auf Nachfrage berichtet ihr Enkel, dass Frau Müller immer häufiger Dinge auf dem Herd anbrennen lasse. Auch an der Brotschneidemaschine habe sie sich nun mehrfach geschnitten.
Frau Müller spielt den Kommentar ihres Enkels herab und beteuert, dass so schnell schon nichts in Brand gerate, selbst wenn mal etwas schmort. Ihrer Meinung nach ist der Rauchmelder schuld am Brandalarm. Der Gutachter vermerkt, dass Frau Müllers Fähigkeit zur Gefahrenerkennung nur noch in geringem Maße vorhanden ist.
Kommunikative Funktion 1: Mitteilen von elementaren Bedürfnissen
Bei der Aufgabe „Mitteilen von elementaren Bedürfnissen“ wird geschaut, ob die Person ihre elementaren Bedürfnisse verbal oder mit Hilfe von Gestik oder Mimik mitteilen kann. Dazu zählt zum Beispiel das Äußern von Hunger und Durst, einem Hitzegefühl oder Schmerzen.
- Kann die Person ihre Bedürfnisse äußern, gilt die Fähigkeit als vorhanden.
- Fragt man die Person nach ihren Bedürfnissen, dann kann sie diese deutlich machen. Von allein werden sie aber immer seltener geäußert. Die Fähigkeit der Bedürfnisäußerung ist größtenteils vorhanden.
- Die Person äußert von sich aus keine Bedürfnisse mehr. Nur durch ihr Verhalten oder nonverbale Reaktionen können andere Personen Zustimmung oder Ablehnung erkennen. Man sagt, die Fähigkeit ist in geringem Maße vorhanden.
- Es werden keine Bedürfnisse mehr geäußert, auch nonverbale Reaktionen, die Zustimmung oder Ablehnung kennzeichnen, sind nicht mehr vorhanden. Die Fähigkeit zur Mitteilung elementarer Bedürfnisse ist nicht vorhanden.
Beispiel: Das Durst- und Hungerempfinden von Frau Müller hat mit der Zeit zwar abgenommen, wenn ihr Enkel, der Pflegedienst oder ihre Tochter aber zu Besuch sind, macht sie ihre Wünsche aber auch ohne Nachfrage deutlich und bittet um Hilfe, damit ihre Bedürfnisse erfüllt werden. Auch während des Gutachtergesprächs macht sie deutlich, dass sie die Toilette aufsuchen muss und ein Fenster für Frischluft geöffnet werden sollte. Eine Einschränkung in der Mitteilung von elementaren Bedürfnissen ist nicht vorhanden – die Fähigkeit ist also vollständig vorhanden.
Kommunikative Funktion 2: Verstehen von Aufforderungen
Mit diesem Kriterium wird überprüft, ob die Person es noch schafft, Aufforderungen, die alltägliche Grundbedürfnisse betreffen, zu verstehen. Dabei geht es um Tätigkeit wie Essen, Trinken oder das Ankleiden.
- Die Person hat keine Probleme damit Aufforderungen von anderen Personen zu verstehen und diese auszuführen.
- Aufforderungen wie „Trink bitte das Glas Wasser aus“, „Setz dir bitte die Mütze auf“ oder „Mach bitte das Licht aus“ versteht die Person noch weiterhin ohne Probleme. Alltagsuntypische Bitten müssen hingegen auch mehrfach erklärt werden. Auch Wiederholungen oder das Vormachen der Handlung ist eventuell notwendig. Insgesamt ist die Fähigkeit aber noch größtenteils vorhanden.
- Versteht die Person diese Aufforderungen trotz der Hilfestellungen nicht oder ist ihr Verhalten stark von der Tagesform abhängig, spricht man davon, dass die Fähigkeiten nur noch in geringem Maße vorhanden sind. In diesem Stadium kann die Person jedoch noch deutlich machen, wenn sie etwas nicht möchte, beispielsweise eine Berührung als Unterstützung.
- Werden Aufforderungen und Anleitungen nicht oder kaum mehr verstanden, wird die Fähigkeit als nicht vorhanden klassifiziert.
Beispiel: Auch wenn Frau Müller Unterstützung beim Ankleiden benötigt, versteht sie doch die Aufforderungen und Bitten ihrer Mitmenschen ohne Probleme. Bei der Morgenwäsche orientiert sie sich an den Anweisungen ihrer Pflegehilfe und ihren Enkel unterstützt sie bei der Zubereitung des Abendessens durch Anreichen von Gewürzen und anderen Utensilien. Auch im Gespräch mit dem Gutachter kommt sie der Aufforderung nach, ihre Hörgeräte zunächst herauszunehmen und anschließend wiedereinzusetzen. Die Fähigkeit, Aufforderung zu verstehen, ist dem Gutachter zufolge gegeben.
Kommunikative Funktion 3: Beteiligen an einem Gespräch
Ob die Person noch an einem Gespräch teilnehmen kann, soll durch dieses Kriterium überprüft werden. Nimmt die Person Gesprächsinhalte noch auf, kann sie dazu passende Antworten geben und gibt selbst Anregungen, damit das Gespräch fortgeführt werden kann?
- Es bestehen keine Schwierigkeiten darin Einzel- oder Gruppengesprächen zu folgen und auch selbstständig zum Fortbestehen des Gesprächs beizutragen. Die Fähigkeit zur Beteiligung an einem Gespräch ist noch vorhanden.
- Die Person beteiligt sich fast ohne Probleme an Einzelgesprächen, in größeren Gruppen fällt es ihr zunehmend schwer, dem Gespräch zu folgen. Auch Wortfindungsstörungen treten vermehrt auf. Insgesamt ist die Fähigkeit einem Gespräch zu folgend aber noch größtenteils vorhanden.
- Hat die Person starke Schwierigkeiten einem Gespräch zu folgen, reagiert bei direkter Ansprache nur mit wenigen Worten und lässt sich leicht ablenken, sind die Gesprächsfähigkeiten nur noch in geringem Maß vorhanden.
- Kann die Person nur noch sehr einfache Mitteilungen machen und auch nonverbale Kommunikation wird kaum noch registriert, ist die Fähigkeit zur Beteiligung an einem Gespräch nicht mehr vorhanden.
Beispiel: Frau Müllers Enkel berichtet von einer Familienfeier vor einigen Tagen Die gesamte, große Familie ist anwesend und unterhält sich angeregt.
Dem Gespräch mit ihrem Enkel, über den passenden Anzug zum Abschlussball, kann sie gut folgen. Auch durch Rückfragen hält sie das Gespräch aufrecht.
Als es dann aber über die Bürgermeisterwahl geht und alle in der Gruppe ihre Meinung aussprechen, muss sie ihren Enkel immer wieder fragen, worum es eigentlich geht. Oft verwendet sie nur allgemeine Worte wie „Dings“ oder „Teil“ statt die richtigen Wörter zu verwenden. Sie versucht sich am Gespräch zu beteiligen, aber reagiert eher auf Stichworte. Sie berichtet dem Gutachter selbst, vielen Menschen nicht mehr folgen zu können. Ein Gutachter würde die Fähigkeit zur Beteiligung an einem Gespräch als „größtenteils vorhanden“ ansehen.
Zu unserem Beispiel
Frau Müller hat in diesem Bereich insgesamt 11 Punkte. Damit hat sie im Bereich Kognitive und kommunikative Fähigkeiten „schwere“ Einschränkungen. Gewichtet wird dieser Bereich mit 11,5 Punkten.
Während des Gesprächs teilt der Gutachter diese Werte übrigens nicht mit. Gerade bei Modul 2 und 3 gibt es auch noch eine Besonderheit: Aus beiden Bereichen wird der höhere Wert genommen. Wenn Frau Müller im Bereich 3 also 0 Punkte bekommen würde zählen trotzdem die 11,5 aus Modul 2. Wenn sie andersherum im dritten Modul schwerste Einschränkungen hätte, erhält sie sogar insgesamt 15 gewichtete Punkte.